Die Presse 17.4.2008

Ausstellung: Fern von künstlichen Umarmungen

In „Overlapping Voices“ im Essl Museum sollen erstmals Künstler mit israelischem und palästinensischem Hintergrund gemeinsam ausstellen.

Das Thema sei derart „brisant und heikel“, dass die Öffentlichkeit bereits im Vorfeld der Ausstellung darauf vorbereitet werden muss. Das scheint jedenfalls Kunstsammler Karlheinz Essl zu glauben, der am Mittwoch in Wien zu einem Pressegespräch lud – ein Monat vor Eröffnung von „Overlapping Voices“, angeblich der ersten Gruppenausstellung, in der Künstler aus Israel und Palästina gemeinsam vertreten sind.

Und wahrscheinlich hat Essl damit auch durchaus recht – Thema und Umfeld der Klosterneuburger Schau zeigen sich für Außenstehende äußerst komplex und vielschichtig. Geht es eben nicht um irgendein politisches Statement des Essl-Museums, soll eben genau nicht mit westlicher Arroganz am Gebiet der Kunst eine sozusagen künstliche Versöhnung inszeniert werden. Das ist nicht nur Essl selbst, den ein langes Gespräch mit Yitzhak Rabin Anfang der 90er-Jahre mit der Problematik sehr emotional in Berührung brachte, sondern vor allem auch den vier Künstlerkuratoren der Ausstellung sehr wichtig. Es ist wohl kein Wunder, dass es gerade Künstler selbst sind, denen die Gratwanderung, eine solche Ausstellung zusammenzustellen, gelingen sollte.

Das Wiener Duo Karin Schneider und Friedemann Derschmidt (Permanent Breakfast) erarbeitete das Projekt gemeinsam mit dem israelischen Künstler Tal Adler und der palästinensischen Künstlerin Amal Murkas. Letztendlich haben sie 22 Künstler eingeladen, die übrigens zur Eröffnung auch alle nach Wien kommen werden.

Versprochen wurde ihnen allen im Vorfeld, dass jeder mit seiner Arbeit für sich stehen kann, dass nicht versucht wird, dem Ganzen einen gemeinsamen ideologischen Überbau aufzupfropfen, und nicht versucht wird, sie unter dem Label ihrer Herkunft zu verkaufen.

Überhaupt soll die Auswahl nicht repräsentativ sein für die Krisenregion, sondern geht vom eigenen künstlerischen Interessensgebiet der vier Kuratoren aus, nämlich Kunst mit sozialem Anspruch. Das spiegelt sich auch in vier künstlerischen Spezialprojekten wieder, die extra für die Ausstellung entstehen: Allen gemein ist, dass sie in irgendeiner Form mit einer NGO zusammenhängen. In einem Symposium zu Beginn der Schau am 18.Mai werden sie u.a. näher erklärt werden.

Ziel von „Overlapping Voices“ ist jedenfalls kein agitatorisches Statement, sondern, die in den Medien meist verloren gehenden, für das Verständnis jenseits von Schwarz und Weiß aber ungemein wichtigen Zwischentöne hörbar und bisher weniger bekannte Probleme etwa anderer Minderheiten wie der Beduinen sichtbar zu machen.

Von 16.Mai bis 26.Oktober, Symposium: 18.Mai, 14–18 Uhr.

(“Die Presse”, Print-Ausgabe, 17.04.2008)